Ein vorhandenes Gebäude umzugestalten ist eine anspruchsvolle Disziplin. Es braucht Fachwissen, ein Gespür für das Bestehende und Flexibilität, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Wie aber plant man eine Modernisierung richtig, um den Bedürfnissen der Investoren, der Bewohner und dem bestehenden Gebäude gerecht zu werden? Und wann lohnt sich eine Gebäudeerneuerung?

In städtischen Gebieten ist Bauen im Bestand ein zentrales Thema - zur Schaffung von neuem Wohnraum oder zur Sanierung älterer Bausubstanz. Und obwohl viele Gebäudeeigentümer sich aufgrund steigender Energiepreise Gedanken über eine energetische Gebäudeerneuerung machen, werden solche Projekte kaum in die Tat umgesetzt. Meist ist ausschlaggebend, dass sich die Aufwendungen für die Modernisierung – bspw. mit den resultierenden Energieeinsparungen – nicht zu rechnen scheinen. Das ist jedoch ein Denkfehler. Gebäude haben eine beschränkte Lebensdauer. Investitionen in die Modernisierung sind unumgänglich, um Wertverluste zu vermeiden oder langfristig Mehrwert zu schaffen. Die Kosten für Gebäudeerneuerungen können jedoch beachtlich sein, daher sind eine frühzeitige Planung und die richtige Gebäudestrategie entscheidend. Nicht immer ist ein Radikalschlag – d.h. Abbruch und Ersatzneubau – der beste Weg. Es bieten sich mit Aufstocken, Anbauten, Überbauten, vorgesetzten Fassaden und Sanierungen eine Vielfalt von Möglichkeiten, die je nach Objekt geprüft werden müssen.

1. Fehlinvestitionen vermeiden

Um Bestandesliegenschaften architektonisch zu bearbeiten, sind die Analyse und das Bewerten auf allen Strukturebenen – städtebaulich, historisch, technisch, sozial, kulturell und formal – notwendig. Bei der Analyse ist die bestehende Substanz an den neuralgischen Punkten akribisch genau aufzunehmen. Fragen über Statik, finanzielle Verträglichkeit, steuerliche Aspekte, Amortisationsdauer, Bauphysik, Brandschutz, Haustechnik etc. suchen nach Antworten. Oft erschwert auch die subjektive Sicht des Eigentümers die Beurteilung. Die Erfahrung zeigt, dass ein solches Projekt kaum ohne Fachleute plan- und realisierbar ist. Wenn Marktpotenzial und Gebäudesubstanz beurteilt sind, kann eine Gebäudestrategie festgelegt werden, die die notwendigen Massnahmen und den Kostenrahmen festlegt. Fehlinvestitionen und Terminverzögerungen können durch eine sorgfältige Analyse und Planung zum Projektbeginn vermieden werden.

Analyse der Bausubstanz: Mehrfamilienhaus la Cigale in Genf

Analyse eines Mehrfamilienhauses aus den 50er Jahren in Genf: Wir haben die Wärmebrücken der Balkone als Schwachstelle identifiziert und danach entsprechend die Strategie entwickelt.

2. Strategie entwickeln

Angepasste Baugesetze lassen jetzt eine höhere Ausnutzungen zu, deshalb rate ich immer, zu prüfen, ob das Aufstocken eines Gebäudes möglich und sinnvoll ist. Beim Nachverdichten ist es je nach Substanz und Bauzone möglich, bestehende Strukturen um ein, zwei und mehr Vollgeschosse oder um ein Attikageschoss zu erhöhen. Um Verdichtungsmassnahmen umzusetzen, bedarf es - anstatt starrer und universeller Prozesse - standortspezifische Strategien. Aus den unterschiedlichen Interessen der Projektbeteiligten ergeben sich oft Zielkonflikte, die es mit sachlichen und teilweise auch kreativen Entwürfen zu entschärfen gilt. Bauherren, die ihre Sanierung nachhaltig gestalten, profitieren in der Regel von einer höheren Qualität und schützen sich so vor Folgekosten. Auf die Strategie folgt die individuelle Planung. Flankierend sind dabei die anfallenden Kosten stets mit dem gesetzten Budget zu vergleichen und laufend die Tragbarkeitsberechnung für den Kunden nachzuführen.

Wahl der richtigen Strategie – la Cigale in Genf

Aufgrund der Analyse wurde die Strategie für dieses Mehrfamilienhaus entwickelt: Eine energetische Sanierung und eine Totalrenovation der Gebäudehülle (mit Loggien anstelle von Balkonen).

Ich bin der Meinung, dass es beim Bauen im Bestand kein Standardvorgehen gibt. Vielmehr gilt es, die Balance zu finden zwischen Erhalt und Innovation, zwischen Sanieren und neuer Architektur. Das erfordert ein möglichst breites und vertieftes Wissen und verlangt nach Fachpersonen, die sich nicht scheuen, das Projekt weiterzuentwickeln, integral zu planen und teamfähig sind.

Wieso unter anderem der Holzsystembau beim Bauen unter Betrieb grosse Vorteile bietet, erfahren Sie im zweiten Teil von «Gebäude richtig erneuern».

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Lesen Sie den zweiten Teil dieses Beitrags: Wird in Gebäuden mit laufendem Betrieb umgebaut, braucht es Know-how der besonderen Art. Erfahren Sie, wieso der Holzbau hier seine Trümpfe ausspielen kann.

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